Manchmal legt einem das Leben Schildkröten in den Weg

Da gibt es noch eine kleine Sache, die ich in Teil 1 meiner Mallorca-Beiträge nicht erwähnt habe. Und zwar, dass ich ab nächstes Jahr dort leben werde. Richtig gelesen! Ich ziehe nach Mallorca! Was sagt man dazu? Manche waren überrascht, dass ich auswandere, andere waren überrascht, dass ich „erst jetzt“ auswandere. Insofern hatte dieser Urlaub einen eindeutigen Hintergedanken und um die Geschehnisse der ersten Tage in Palma zu vervollständigen, gebe ich gerne zu, wie ich anfangs schon ziemlich nervös durch die Altstadt spaziert bin. „Können wir uns das vorstellen, hier zu leben?“, „Ziehen wir das wirklich durch?“ … „JA!“

Nachdem nun die letzten Zweifel an unserem Vorhaben verflogen waren, konnten wir unseren Urlaub in vollen Zügen genießen und uns aufmachen, unsere künftige Heimat näher zu erkunden. Den dazu notwendigen fahrbaren Untersatz erhielten wir bei Jill und Alex von Lazy Bus. „El Abuelo“ (der Großvater), ein fast 40 Jahre alter VW T3, sollte uns für die kommenden Tage nicht nur von einem Strand zum anderen bringen sondern uns zugleich auch noch als Schlafplatz dienen. Und obwohl der Oldtimer sich vielleicht weniger komfortabel als ein Neuwagen fährt und es manchmal hier und dort bei einer Tür klemmt, hat man ihn sehr schnell ins Herz geschlossen und ist ein bisschen traurig, ihn am Ende des Urlaubs wieder zurückgeben zu müssen.

Nach einer kurzen Probefahrt und ausgestattet mit vielen Tipps für Übernachtungsplätze vor allem an der Küste ging unser Roadtrip los. Erster Halt war Santanyi, eine charmante kleine Stadt im Südosten der Insel. Danach ging es zum Strand S’Amarador. Als ersten Schlafplatz mit unserem Abuelo haben wir jedoch die Cala Llombards ausgesucht. Während wir tags zuvor noch mit vielen anderen Badegästen am Strand waren, mussten wir nach dem Aufstehen nur ein paar Meter durch den Sand laufen und uns nur mit ein paar wenigen Frühaufstehern die Bucht teilen. Aufwachen und direkt ins Meer. Was für ein Start in den Tag. Weiter ging es dann an der Ostküste entlang zunächst nach Portocolom auf ein Stück Mandelkuchen und zur Cala Anguila, wo wir in der zweiten Nacht unser Quartier aufschlugen. Weil das am Vortag schon so schön war, auch dort nach dem Aufwachen Tür auf, den Sand unter den Füßen spüren und eine Runde schwimmen. Herrlich. Nächster Halt war die Cala Agulla ganz im Osten der Insel, von wo aus wir uns auf eine Wanderung zum Talaia de Son Jaumell machten, einem alten Wachturm, von dem aus man eine traumhafte Aussicht auf die beiden Buchten Cala Agulla und Cala Mesquida genießen kann. Der Weg dorthin sei, glaubt man manchen Beschreibungen im Internet „einfach bis mittel“  (calaratjadaguide.com) und dauere hin und zurück knapp zwei Stunden. Bei uns hat es dann doch ein klein wenig länger gedauert. Irgendwie sind wir vom einfach bis mittelschweren Weg abgekommen und waren nicht immer sicher, ob wir es noch bis zum Ziel schaffen würden. Bestimmt drei, vier Mal ging der Weg nicht erkennbar weiter und wir mussten wieder ein Stück zurück, um eine andere Route auszuprobieren. Als der Enthusiasmus und die Geduld drohten, sich langsam dem Ende zu neigen, machte ich auf einem unserer Irrwege eine Entdeckung und schrie vor Freude auf. Eine nur handtellergroße Schildkröte saß mitten auf dem Weg.

Die unverhoffte Begegnung mit dem niedlichen gepanzerten Kriechtier gab uns wieder neuen Schwung und ist ganz nebenbei eine schöne Metapher dafür, dass der direkte Weg nicht immer der schönste ist. Abendessen und Frühstück des folgenden Tages nahmen wir in Cala Ratjada ein und machten uns danach auf nach Alcudia. Der Vollständigkeit halber: Dazwischen waren wir nochmal schwimmen am Playa de Muro. Bevor wir die letzte Nacht auf unserer Reise im Olivenhain der Lazy Finca von Jill und Alex verbrachten, steuerten wir noch einen besonders spektakulären Spot mit unserem Bulli an. La Victoria ist einer der Geheimtipps zum Campen, die uns mitgegeben wurden. Die Halbinsel im Norden von Mallorca bietet eine grandiose Aussicht auf das bekannte Cap Formentor, welches zusammen mit dem Tramuntana Gebirge für unseren T3 verboten war. Jedoch stellten wir uns bei der Fahrt dorthin auf den schmalen Serpentinen, die Frage, ob es im Gebirge tatsächlicher noch anspruchsvoller für unseren Abuelo sein konnte. Der angegebene Stellplatz war kurz vor einem Schild, das auf eine Sperrung der Straße wegen der dort beginnenden Militärzone hinwies und direkt an einer Klippe. Grandioser Meerblick aber hier zu übernachten, war uns dann zu unheimlich.

So ging es zum Schlafen nach Son Serra de Marina. Von dort aus startete der letzte komplette Tag unserer Reise, an dem wir nochmals sowohl zu Fuß als auch mit unserem VW-Bus einige Meter machten. In Palma marschierten wir zum Castell de Bellver, in Paguera ging es ein letztes Mal ins Meer und am Abend wieder zurück zur Lazy Finca. In gerade einmal einer Woche haben wir viel gesehen und erlebt und hatten einen Mallorca-Urlaub, der so manches Mal sehr viel abenteuerlicher war, als man es von dieser Insel gemeinhin vermutet. Und wenn ich es sonst schade finden müsste, viele Orte noch nicht gesehen zu haben, kann ich mich jetzt nur um so mehr freuen, da ich nächstes Jahr hierher zurückkommen werde. Bei dem Gedanken wird mir ganz warm ums Herz. Die Vorfreude auf diesen Schritt und alles was danach kommt ist gigantisch. Aber vielleicht passiert vor dem Umzug sogar noch etwas, über das sich an dieser Stelle zu schreiben lohnt …

Mal Luxus, mal VW-Bus, Mallorca

Wer hätte gedacht, dass nach dem letzten Eintrag auf dieser Seite fast zwei Jahre ins Land gehen bis sich der Shaolinzonk wieder zu Wort meldet? Eine ausführliche Erklärung dafür ist nicht vonnöten. Ich belasse es dabei, mich dankbar zu schätzen, dass der Verzicht auf Flugreisen zu den gravierendsten Konsequenzen der COVID-19-Pandemie für mich persönlich gehört hat und ich diese Zeit physisch und psychisch schadlos überstanden habe.

Nun bin ich zurück! Und das nicht alleine. Stolz darf ich einen neuen Charakter auf diesem Programm introducen, das so lange vortrefflich aber im 21.Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß als buchstäbliche One-Man-Show gelaufen ist und mit einem männlichen Hauptdarsteller funktioniert hat. Ich darf vorstellen: Jesse, meine zauberhafte und ebenfalls reisebegeisterte Freundin ist zum ersten Mal mit unterwegs. Ob es bei dieser knappen Beschreibung ihrer Person bleibt oder ihr sie auch einmal in Bildform zu Gesicht bekommen werdet, steht zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags noch nicht fest. Ohne eine sorgfältige Prüfung und ausdrückliche Genehmigung des potentiellen Bildmaterials durch Jesse selbst geht natürlich nichts. Und so lasse ich vorerst allen, die sie im Real Life noch nicht kennenlernen durften, die Option, sie als meine imaginäre Freundin zu betrachten und anzunehmen, ich hätte sie nur zu Zwecken der Dramaturgie und auf Anraten der Gleichstellungsbeauftragten meiner Website erfunden.

Nach dieser Einleitung steigen wir nun aber endlich wieder in den Flieger. Ziel unserer Reise ist die größte Insel der Balearen, Mallorca. Herrlich, denn das ist wieder einer aus der Kategorie „und so schließt sich der Kreis“ und ich mag diese Redensart und Kreise sind eine runde Sache. Mallorca war damals vor über 20 Jahren die erste Flugreise meines Lebens. Familienurlaub im Club-Hotel. Ich erinnere mich an so gut wie gar nichts. Allerdings ist überliefert, dass ich mich damals massiv über hohe Temperatur und Luftfeuchtigkeit auf dem Rollfeld am Flughafen in Palma echauffiert habe. Der Urlaub diesmal sollte ganz anders ablaufen. Ich habe diesmal darauf verzichtet, mich auf den Boden zu werfen und zu schreien, dass ich nicht schwitzen will (mit Ende 20 kann man sich eine solche Szene nicht mehr erlauben) und anstatt Club-Hotel checkt man zunächst in ein Hostel in Palma de Mallorca ein, um sich anschließend für fünf Tage einen VW-Bus auszuleihen und damit kreuz und quer durch die Insel zu fahren.

Also zum Auftakt zwei Nächte in der Hauptstadt. Wenn ich in der Überschrift von Luxus rede, meine ich weniger unsere Unterkunft, die als handelsübliches Hostel mit Bett und eigenem Bad das bietet, was man hiervon erwarten würde. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Viel eher bezieht sich der Luxus auf die Restaurantbesuche, bei denen sich ein kulinarisches Highlight an das nächste gereiht hat. Im Laufe unseres Urlaubs gab es unter anderem spanische Klassiker wie Tapas oder Paella aber auch mal Pat Thai, um die Erinnerung an Asien wieder aufzufrischen. Absoluter Höhepunkt war das Menü in der Casa Gallega, wo alleine die verschiedenen Vorspeisen schon für ein grandioses Essen gereicht hätten. Beim Hauptgang haben wir uns dann für Hummer entschieden. Für uns beide eine Premiere. Ganz ohne fachmännische Anleitung haben wir es tatsächlich recht passabel geschafft, das imposante Schalentier zu zerlegen. Und geschmeckt hat es auch hervorragend. Ihr seht, wir haben es uns richtig gut gehen lassen. Im zweiten Teil der Reise wurde es dann etwas rustikaler aber nicht weniger schön. Dazu mehr im nächsten Artikel.