Bekannte Gesichter – 3 D(resden), noch nie Nürnberg, Wiedersehen in Würzburg

Zum dritten Mal in meinem Leben bin ich der sächsischen Landeshauptstadt. Das erste Mal war ein Schulausflug. Beim zweiten Mal ging es um Berufliches. Ich stelle also mit einem Schmunzeln fest, dass ich erstmals aus freien Stücken hier bin. Mit dem Zug aus Prag kommend führte die Fahrt mitten durch die Sächsische Schweiz. Da müsste man sich auch mal separat aufhalten und ausgiebigst wandern gehen. Damit nehme ich gleich den roten Faden des heutigen Beitrags in die Hand und falls er mir zwischendrin durch die Finger gleiten sollte, er spinnt ein Loblied … Moment, ein Loblied kann man anstimmen aber nicht spinnen … neuer Versuch für eine Metapher … er verdichtet sich zu einem Wollknäuel der Bewunderung für das Land der Dichter und Denker. Deutschland ist spannend und so facettenreich und ich werde mir sicherlich nicht den Vorwurf machen lassen, „auf der ganzen Welt“ gewesen zu sein und kaum mein Geburtsland bereist zu haben.

Dresden hat sich schon bei der Ankunft irgendwie vertraut und heimelig angefühlt. Frauenkirche, Semperoper das kannte man noch aus früheren Besuchen. Die Neuheit für mich war diesmal die Neustadt, wo sich meine Unterkunft befand. Äußere Neustadt sagt Google, „Szene- oder Kneipenviertel“ sagt vermutlich Lonely Planet, „Assi-Eck“ nennen es die Locals liebevoll. Der Lifestyle, der dort zelebriert wird, gibt mir das Gefühl, meine Studi-Zeit läge bereits Jahrzehnte zurück und entlockte mir einen tiefen in der Vergangenheit schwelgenden Seufzer. Mein mir selbst auferlegtes Party- und Spaßverbot wird hier aufs Äußerste auf die Probe gestellt, wenn zum Beispiel auf der Straße ein spontanes brasilianisches Rap-Konzert gegeben wird. Eine komplett andere Welt…

Im direkten Vergleich (ja ich vergleiche schon wieder) mit Prag gewinnt für mich ganz klar Dresden. Es ist irgendwie bodenständiger und gemütlicher, weil es glücklicherweise nicht so gehyped wird und weniger auf dem Radar vieler Touristen liegt. Nichts Negatives, was ich persönlich über Dresden berichten könnte. Klarer Reisetipp von mir. Anschauen!

Ebenfalls anschauen oder sollte ich sagen: genauer hinsehen, wollte ich auch in Nürnberg. Dort war ich sogar noch um einiges öfter. Aber – und das ist der traurige und entscheidende Zusatz – immer nur am Hauptbahnhof. Nürnberg hat ja auch eine so wunderschöne Altstadt. Und wo ich schon das Vergleichsfass offen habe … die Herbstmärkte von Dresden und Nürnberg musste ich natürlich auch vergleichen. Hierzu keine Rangfolge. Da gibt’s nur Gewinner. Vor allem mich und meinen stets hungrigen Magen.

Und wie könnte ich meine Deutschland-Tschechien-Tour emotionaler abschließen als mit einem Abstecher in meine alte Heimat Würzburg. Ich leihe mir mal kurz eine Textzeile von Morrissey und mache aus „Irish Blood, English Heart“ „Bairisch Blood, Frängisch Heart“, wie meine Version lauten müsste. Gemütlich Essen gehen mit Freunden und entspanntes Verweilen an seinen Lieblingsecken der Stadt. Das füllt den Gute-Laune-Akku bis zum Rand. Ach ja, es muss nicht immer etwas Neues sein. Eine Rückkehr zur vertrauten Umgebung ist auch stets eine Bereicherung. Diesmal also näher an der eigenen Haustür als am anderen Ende der Welt. Und irgendwo zwischen diesen beiden Polen wird auch die nächste Geschichte spielen, die ich euch erzählen werde. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Bis dahin haltet die Augen offen, ob es nach buchstäblich zweimal Umfallen nicht genauso schön sein kann wie tausende Kilometer entfernt. Der Shaolinzonk verneigt sich und sagt: Hasta luego

PRAGmatisch, praktisch, gut?

Lange ausschlafen, oft und gut Essen gehen … Urlaub eben. Das mag für den einen oder die andere schwer nachvollziehbar sein aber ich fremdel ein wenig damit. Ich komme mir extrem passiv vor. Und das trotz vieler Meter zu Fuß. Sightseeing per Bus gibts bei mir nämlich nach wie vor nicht. Man läuft, man setzt sich hin, man steht wieder auf, man läuft, man setzt sich hin, man isst etwas, man läuft, man denkt über den Sinn des Lebens nach etc. Ich tue im Grunde genau das, was ich mir vorgenommen habe. Das ist zwar wenig, aber ich setze es konsequent um. Ich ziehe mich aus dem Alltag zurück und besinne mich ganz auf mich. Nur bin ich mal wieder auf hohem Niveau unzufrieden.

Ich beobachte die vielen Touristen in Tschechiens Hauptstadt und zerbreche mir den Kopf darüber, worin ich mich noch von ihnen unterscheide. Sie bezahlen mehr Geld für ihr Hotel, sie haben besseres Foto-Equipment, sie machen Touren, damit ihnen jemand sagen kann, welche Plätze schöner sind als andere, sie gehen nur in Restaurants, die ihnen empfohlen worden sind. Diese Aufzählung beruhigt mich. Da hat man die Pubertät schon längst hinter sich gelassen aber immer noch möchte man unangepasst und unverwechselbar sein. Der kleine Lukas spielt nur mit euch im Sandkasten, wenn seine Schaufel eine andere Farbe hat. Ich sollte endlich aufhören, mich mit anderen zu vergleichen und mich vor mir selbst zu rechtfertigen. Wie sagte mein alter Freund Darren damals so schön: „Let’s be fucking tourists!“ Auch mal wie die anderen sein, die Dinge so wie sie tun. Why not? Individuell genug bin ich immer noch und wenn’s ganz verrückt läuft, hat man sogar Spaß dabei.

Reality Czech

Kann man gleichzeitig sitzen und stehen? Packen wir einmal alles in einen größeren Kontext, um diese Frage zu beantworten. Die Zeit meines Lebens, in der ich meine Klamotten im Schrank und nicht im Backpack aufbewahre, findet auf diesem Kanal ja recht selten Erwähnung. Das ist gewollt und das ist auch gut so. Wichtig für den heutigen Beitrag ist jedoch zu wissen: Seit geraumer Zeit ist der Ausdauersport meine große Leidenschaft und dieser nachgehend habe ich mich für meinen ersten Marathon angemeldet. Er findet in zwei Wochen statt. Nun halte ich mich grundsätzlich für ein ziemlich gerissenes Kerlchen aber den Großteil meines (Jahres-)Urlaubs unmittelbar vor diesen Termin zu legen, wird gewiss nicht als einer meiner besten Einfälle in die Historie eingehen. Ich nehme diesen Marathon nämlich überaus ernst und das bedeutet für mich, einer klaren Strategie in Sachen Training, Ernährung etc. zu folgen. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen auf Reisen.

Damit zurück zur Einstiegsfrage und deren Auflösung. Ich sitze buchstäblich auf einer Parkbank im tschechischen Pilsen, sehe der Sonne nach meinem Empfinden viel zu früh beim Untergehen zu und fände 5 Grad mehr bei der Gelegenheit auch sehr angenehm. Währenddessen stehe ich auch … und zwar ein ganzes Stück neben mir. Das jetzt metaphorisch, klar. Aber mir gefällt dieses Bild und so stellt euch mein stehendes, metaphorisches Ich weiter vor, wie es den Kopf schüttelnd zu meinem sitzenden Ich sagt: „Was zur Hölle machst du hier? Und überhaupt, Pilsen … du trinkst doch gar kein Pils.“

Wer den Gedanken lustig findet, wie ich mich auf einer Reise so gar nicht amüsiere, der male sich folglich dieses Szenario aus: Ich sitze mit meinen Zimmerkollegen in einer Bar. Alle bestellen Bier und Nachos. Ich bestelle mir einen kleinen Salat und ein stilles Wasser und sage um 10 Uhr: „War ’n schöner Abend aber ich muss jetzt ins Bett. Morgen früh ist Training.“

Wer allerdings Zweifel an dieser Szene hat, der muss sich lediglich die Frage stellen, wann er es das letzte Mal erlebt hat, dass ich einen KLEINEN Salat bestellt habe …